Bündnis für Tariftreue
In der Sozialwirtschaft werden immer mehr Anbieter zugelassen, die sich nicht an in Baden-Württemberg geltende Flächentarife halten. Träger und Verbände wie Caritas und Diakonie, die sich an Flächentarife halten, sind wirtschaftlich im Nachteil: Die Tarifsteigerungen, die sie an ihre Mitarbeiter bezahlen, refinanzieren die Krankenkassen nicht. Im Gegenteil werfen die Kassen ihnen als Kostenträger vor, ihre Tarife seien "kostentreibend".
Auch mit Blick auf den Runden Tisch "Pflege" mit Sozialministerin Katrin Altpeter haben daher Caritas, Diakonie und ver.di das "Bündnis für Tariftreue und Tarifstandards für die Sozialwirtschaft in Baden-Württemberg" gegründet. Sie wollen deutlich machen, dass Caritas und Diakonie rund zehn Prozent mehr für eine Pflegeleistung bezahlen, als sie von den Kassen für ihre erbrachte Leistung wieder erstattet bekommen. Tarifsteigerungen, die von den Kassen nicht anerkannt werden, führten zwangsläufig zu Deckungslücken, erklärte Oberkirchenrat Urs Keller, Vorstandsvorsitzender des Diakonischen Werks Baden, bei einem gemeinsamen Pressegespräch. "Damit entsteht bei einer großen Zahl der Dienste ein Defizit und einige mussten auch schon schließen."
Letztendlich seien die Leidtragenden die Hilfesuchenden und das Personal, machte ver.di-Landesbezirksleiterin Leni Breymeier deutlich. Denn die durch Tariferhöhungen ausgelösten Steigerungen bei den Personalkosten könnten nicht einfach in höhere Preise umgesetzt werden. Vielmehr müssten mehr Leistungen in einer geringeren Zeit erbracht werden.
Dabei sei die Lohnentwicklung in den sozialen Berufen in den vergangenen Jahren deutlich niedriger ausgefallen als in anderen Branchen, betonte Rainer Brockhoff, Caritasdirektor der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Wenn die Kassen die Übernahme von ganz normalen Tarifsteige-rungen immerzu ablehnten, beschädige dies das Image der sozialen Berufe. "Es entsteht der Eindruck, diese seien weniger wert als andere Berufe, etwa die in der Metall- und Elektroindustrie." In der Konsequenz befürchten die Bündnispartner für die Sozialwirtschaft Personalnotstand, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und erhebliche Auswirkungen auf die Qualität der Hilfen, insbesondere für alte und kranke Menschen in Baden-Württemberg.
Gemeinsam fordern Caritas, Diakonie und ver.di in Baden-Württemberg daher die Landesregierung auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, die alle Anbieter in der Sozialbranche verpflichten, ihre Beschäftigten nach anerkannten Tarifen zu entlohnen. Nur durch flächentarifliche Regelungen könne ein Wettbewerb um die beste Qualität unter den Anbietern in Gang gesetzt werden. Im Moment werde dieser Wettbewerb über die Löhne bestimmt. Für die Bündnispartner sichern flächentarifliche Regelungen insbesondere für Pflegeleistungen in Baden-Württemberg gute Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten und damit auch in der Zukunft die Qualität in der Pflege. Angesichts einer immer älter werdenden Gesellschaft muss aus Sicht der Bündnispartner schnell gehandelt werden. Sie hoffen, weitere Partner zu gewinnen, die dieses Anliegen teilen. Verbände, Kommunen sowie Krankenkassen seien eingeladen, dem Zusammenschluss im Südwesten beizutreten, um Flächentarife durchzusetzen, betonte Bernhard Appel, Caritasdirektor für die Erzdiözese Freiburg.