Freiburg / Stuttgart, 1. Februar – Die Preisträger des 23. Caritas-Jounalistenpreises sind gekürt: Der Sieger des Wettbewerbs heißt Frank Buchmeier und ist Redakteur der Stuttgarter Zeitung. Er erhält den mit 3.000 Euro dotierten ersten Preis für seine fünfteilige Serie "Lebzeiten", in denen er die Geschichten von fünf Menschen aus Baden-Württemberg aufgezeichnet hat, deren Lebenstage gezählt sind. Der zweite Preis mit einem Preisgeld von jeweils 1.000 Euro wird zweimal vergeben und geht an den Radiojournalisten Patrick Batarilo für seine Hörfunk-Reportage "Stuttgart von unten – 24 Stunden mit Paul auf Platte" in SWR2-Dschungel und an den SWR-Filmemacher Jo Frühwirth für den Film "Letzte Ausfahrt Hofgut. Schwierige Jungs mit neuen Perspektiven". Mit einer "Lobenden Erwähnung" bedachte die Jury die Regionalredaktion Tuttlingen der Schwäbischen Zeitung für die elfteilige Serie "Das Hospiz am Dreifaltigkeitsberg" in Spaichingen (Landkreis Tuttlingen).
Der Caritas-Journalistenpreis Baden-Württemberg wird von den beiden Caritasverbänden für die Erzdiözese Freiburg und der Diözese Rottenburg-Stuttgart vergeben. Mit der Auszeichnung würdigen die beiden katholischen Wohlfahrtsverbände im Land Autorinnen und Autoren für herausragende publizistische Beiträgen aus dem sozialen Bereich. Für den 23. Caritas-Journalistenpreis lagen insgesamt 64 Wettbewerbsbeiträge aus Presse, Hörfunk und Fernsehen vor, aus denen eine unabhängige fünfköpfige Jury die Preisträger ermittelte. Die Verleihung der Preise erfolgt am 8. Februar 2012 in Stuttgart im Rahmen der Jahresauftaktveranstaltung der Caritas in Baden-Württemberg.
Die Begründung der Jury:
"Hatte ich ein erfülltes Leben?" Diese Frage stellt sich jedem Menschen irgendwann, spätestens dann, wenn es für ihn Zeit wird zu gehen. Die Antwort auf diese Frage kann nur jeder und jede für sich persönlich geben. Wer mitten drin steht im Leben, aktiv und voller Dynamik, der schiebt diese Frage gerne auf die Seite oder nach hinten. Frank Buchmeier rückt sie mit seiner Serie mitten in den Alltag. Er hat sich auf die Suche nach Menschen begeben, deren Tage gezählt sind. Es sind Menschen in unterschiedlichen Lebenssituationen, mit unterschiedlichem Lebensalter. Sie leben mit dem Ausblick auf das absehbare Ende ihrer selbst oder eines von ihnen innig geliebten Menschen. Und davon erzählen sie dem Zeitungsjournalisten, der ihre Lebensgeschichten aufschreibt und sie mit ganz persönlichen Fotos aus dem Familienalbum ins Blatt bringt. Entstanden sind berührende Aufzeichnungen von großer Authentizität und Tiefe, die ein existentielles, aber in unserer Gesellschaft weitgehend immer noch tabuisiertes Thema sensibel und unaufdringlich den Lesern über die tägliche Zeitungslektüre nahebringen: "Habe ich ein erfülltes Leben?" Bemerkenswert und beeindruckend an der Serie von Frank Buchmeier ist, dass sich der Autor ganz zurücknimmt und den Betroffenen eine Stimme, ihre Stimme verleiht. Darin kommt ein großer Respekt vor den je eigenen Lebensgeschichten derjenigen zum Ausdruck, die dem Journalisten ihr Vertrauen schenken und ihm Einblick in ihr Innerstes gewähren. Gerade dadurch wird die Kostbarkeit eines jeden Lebens in seiner Endlichkeit spürbar.
In jeder größeren Stadt gehören sie zum Stadtbild, die Obdachlosen. Von den Menschenströmen in den Fußgängerzonen werden sie oft gesehen, aber selten wahrgenommen. Das Elend bleibt meist anonym. Der Radiojournalist Patrick Batarilo hat die Perspektive gewechselt. In einer Art "Selbstversuch" erkundet er "Stuttgart von unten" und macht "24 Stunden mit Paul auf Platte". Der Autor kniet sich regelrecht hinein in das Thema, bis hin zu seinem äußeren Erscheinungsbild, mit dem er sich der für ihn fremden Lebenswelt anzugleichen sucht. Er solidarisiert sich gleichsam mit "Paul", dem Penner, ohne seine eigene Distanz zu diesem anderen Leben zu kaschieren. Bei seinem Streifzug durch Stuttgart von unten fängt der Autor großartige O-Töne unter-schiedlicher Protagonisten ein, die er zusammen mit Informationen, Fakten und Selbstreflexionen zu einer organischen Verbindung mixt, die beim Hören seiner Reportage zu Bildern im Kopf wird. Kurzum: Patrick Batarilo ist ein Dokumentarstück auf Hörspielniveau gelungen, mit dem er Sympathie für Verlierer, für Menschen am Rande weckt.
Sie heißen Christian, Patrick, Kevin und leben mit anderen Jugendlichen auf dem Hofgut des St. Konradihauses, einer Caritas-Einrichtung der Jugendhilfe. Das Jugendamt hat sie dort untergebracht, weil sie schlicht "keinen Bock auf nix mehr" haben. Sie wieder in die Spur zu bringen auf ein gelingendes Leben hin, ist das Ziel des St. Konradihauses. Dort leben die Jugendlichen in einer Wohngruppe und arbeiten in einem modernen Landwirtschaftsbetrieb mit. Jo Frühwirths Filmbeitrag zeigt unaufdringlich und doch eindrücklich das schwie-rige Unterfangen, den gestrandeten Jungs wieder einen ordentlichen Lebens-rhythmus beizubringen. Sein Film, der schlüssig aufgebaut ist, einen klaren Rahmen hat und durch eine tolle Kameraführung besticht, weckt Verständnis, ja Sympathie für die "kantigen" jungen Männer, ohne sie sozialromantisch zu verklären. Er eröffnet Einblicke in die Arbeit der Betreuer, die mit großer Geduld und Beharrlichkeit an den Jungs dranbleiben und ihnen ein stabiles Geländer bieten. Zu sehen und zu hören, wie die jungen Menschen sich vor der Kamera öffnen und dem Autor vertrauensvoll ihre Geschichte erzählen, das berührt. Und es zeugt von einem hohen persönlichen Einsatz des Filmemachers, sich dieses Vertrauen der jungen Menschen erworben zu haben.
Ein herausragendes Beispiel für die beharrliche und nachhaltige Arbeit einer Redaktion ist die elfteilige Serie "Das Hospiz am Dreifaltigkeitsberg", die in der Tuttlinger Regionalsausgabe "Der Gränzbote" der Schwäbischen Zeitung erschienen ist. Gemeinsam mit dem Hospizverein hat die Regionalredaktion Tuttlingen unter der Leitung von Ludger Möllers die Serie entwickelt, um die Hospizidee und das neu entstehende "Hospiz am Dreifaltigkeitsberg" bekannt zu machen. Sie hat damit eine Initiative, die für die Region von großer Bedeutung ist, nachhaltig und engagiert unterstützt. Besonders erfreulich war, dass die Redaktion die Serie mit ihrer Weihnachtsaktion verband und um Spenden für das Hospizprojekt warb. Am Ende gab es nicht nur durchweg positive Leserreaktionen für eine ungewöhnliche "Serie im Advent", sondern auch ein überraschendes Spendenergebnis, das eine große Hilfe bei der Eröffnung des Hospizes darstellte. Hier hat eine Redaktion beispielgebend ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen.