Immer mehr Flüchtlinge wollen wieder nach Hause
Immer mehr Flüchtlinge nehmen eine Rückkehrberatung in Anspruch, um wieder in ihr Heimatland zurückzukehren. Eine Steigerung der Beratungen von 52 Prozent hat das vor einem Jahr gegründete Netzwerk Rückkehrberatung Metropolregion Rhein-Neckar verzeichnet. Die Netzwerkpartner - das Caritas-Zentrum Ludwigshafen, das Diakonische Werk Heidelberg, der Caritasverband für den Neckar-Odenwald-Kreis und der Caritasverband Mannheim - haben eine Bilanz des ersten Projektjahrs gezogen.
Insgesamt haben die vier Verbände in den vergangenen zwölf Monaten 268 Fälle bearbeitet. Davon waren 571 Personen betroffen, da hinter einem Fall eine ganze Familie stehen kann. Es fanden 951 Beratungen statt. 329 Personen sind in Folge dessen ausgereist - auch dies eine Steigerung, sogar um 93 Prozent. Die Ausreise erfolgt freiwillig, die Berater ermöglichen eine organisierte Rückkehr in Sicherheit und Würde. In Fällen, in denen keine Abschiebung bevorsteht, ist die Rückkehrberatung überdies ergebnisoffen. Das heißt, die Menschen können sich auch dafür entscheiden, hier zu bleiben.
Die Netzwerk-Partner (v.l.): Hayat Erten, Caritasverband Mannheim, Mara Pavic, Caritasverband für den Neckar-Odenwald-Kreis, Christian Heinze und Lisa Knoll, Diakonisches Werk Heidelberg, Birgit Andreas und Nadine Ladach, Caritas-Zentrum Ludwigshafen, Meinrad Edinger, Caritasverband für den Neckar-Odenwald-Kreis, und Sigrid Kemptner, Caritasverband Mannheim. Foto: Julia Koch
Beim Caritasverband für den Neckar-Odenwald-Kreis haben sich die Beratungszahlen im ersten Projektjahr sogar verdoppelt. Zu den Klienten zählten viele Großfamilien aus den West-Balkanstaaten und viele Iraker, die wenige Wochen nach ihrer Ankunft wieder ausreisen wollten, weil sich ihre Erwartungen nicht erfüllt, Schleuser ihnen falsche Versprechungen gemacht hatten. "Auch syrische Flüchtlinge wollen wieder zurück", berichtet Beraterin Mara Pavic. "Sie haben Heimweh nach ihren Familien. Aber wir können sie nicht zurück in ein Kriegsgebiet schicken."
Sigrid Kemptner, Abteilungsleiterin beim Caritasverband Mannheim, erklärt: "Es geht nicht nur um Rückführung, sondern die Menschen sollen in ihrem Herkunftsland eine Perspektive haben." Ist eine ganze Familie betroffen, gilt dies für jedes Familienmitglied: Das bedeutet, den Lebensunterhalt der Eltern zu sichern, für die Kinder eine Schule zu finden. "Das ist ein immenser Aufwand, den wir hier treiben", sagt Christian Heinze, Abteilungsleiter beim Diakonischen Werk Heidelberg. Dank des Austausches im Netzwerk und der einheitlichen Beratungsstandards sei es aber möglich, den Behörden fertige Ausreisekonzepte vorzulegen. Darüber hinaus profitieren die Verbände vom kirchlichen Netzwerk, beispielsweise dem Kontakt zu Caritas-Organisationen in anderen Ländern.
Einig sind sich die Netzwerkpartner darin: Von den vielen Flüchtlingen, die 2015 nach Deutschland gekommen sind, wird eine große Anzahl früher oder später eine Rückkehrberatung in Anspruch nehmen. Umso wichtiger sei ein flächendeckendes Angebot in Deutschland, wie es das Netzwerk in der Rhein-Neckar-Region jetzt bietet. Gefördert wird das Netzwerk vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) der Europäischen Union sowie durch Zuschüsse der beteiligten Bundesländer, Städte und Kreise.(juk)